Tourenbericht

MTB Ausfahrt - Zweiländer Cross

Ein gewartetes (Bio-) Mountainbike, Helm, Handschuhe, gehtaugliche Bike-Schuhe, Verschleißteile und ein Vesper für Tag 1 standen unter anderem auf der Ausrüstungsliste, die Guide Rita den fünf Teilnehmern bei der Vorbesprechung am 1. Juni im ROX in Herrenberg an die Hand gab. Damit sollten alle in der Lage sein, den Zweiländer-Cross im südlichen Allgäu mit rund 140 km und 4.500 hm zu meistern.  

So vorbereitet, wollte die Gruppe, bestehend aus zwei Frauen und vier Männern, mit der Bahn freitags um halb sieben in Tübingen starten. Doch bevor es losging, gab es bereits geplante und ungeplante Änderungen im Ablauf. Kurzfristig geplant war, dass die Abfahrt wetterbedingt um zwei Stunden nach hinten verschoben wurde, da sich am Alpenrand am Freitagvormittag noch ein paar ergiebige Regenwolken stauen sollten. Ungeplant war hingegen, dass die Reise zunächst nur zu fünft angetreten wurde, weil der Freilauf an Kays Bike schon bei der Anfahrt zum Bahnhof seinen Dienst versagte. Doch beste nachbarschaftliche Verhältnisse und eine perfekte ausgestattete Werkstatt ermöglichten, dass der Kay sein hinteres Laufrad im Keller von Robert wechselte, während dieser sich mit den anderen in den Zug zu einer entspannten Anreise über Wendlingen und Ulm ins Allgäu setzte.  

Am kleinen Bahnhof in Blaichach startete also kurz vor Mittag eine Fünfergruppe auf den Zweiländercross, den Rita über die Grasgehrenalpe, Riezlern, Söllereck und Schrofenpass nach Warth und von dort zurück über Schoppernau und Sibratsgfäll nach Oberstdorf geplant hatte.  Die für eine Halbtagestour am Freitag angepassten Tourdaten bis zur Grasgehrenalpe (1.400 hm, 24 km) waren perfekt zum Einrollen und Kennenlernen der Teilnehmer untereinander. Gemütlich ging es auf Asphalt bei leichtem Anstieg Richtung Gunzesrieder Säge, von dort dann steil hoch auf Schotter mit kurzen Schiebepassagen auf den Hörnerweg, auf dem an diesem (noch) wolkenverhangenen Freitag nur vereinzelt Wanderer unterwegs waren. Die Pause am Weiherkopf wurde wegen des zugigen Windes dann doch stark verkürzt, auch weil Aussicht darauf bestand, dass das an der Strecke liegende Berghaus Schwaben geöffnet hat. Bis dahin waren aber erst ein kurzer schöner Trail in Richtung Bergstation der Hörnerbahn und ein paar fiese steile Rampen zu bewältigen. Ja, der Kirschstrudel will verdient sein! Nach der Einkehr war es dann auch nicht mehr weit bis zum Sattel, der den Blick auf die Grasgehrenalpe freigab. Hier trennte sich die Gruppe für das kurze Restprogramm. Während ein Zweier-Team es sich nicht nehmen ließ, die Dusche auf der Grasgehrenalpe vorab zu testen, kurbelten und schoben die anderen drei noch auf das Riedberger Horn, von wo dann ein sehr seifiger Trail mit nassen Steinen, Wurzeln und querliegenden Holzbalken die Abfahrer nochmals richtig forderte. Am Parkplatz der Grasgehrenalpe angekommen, stand dort ein völlig verschwitzter Kay, der mit dem Zug nachgereist war und direkt in flottem Tempo mit funktionierendem Ersatzlaufrad die Riedbergpassstraße mit ihren 13 – 15% Steigung zu unserer ersten Unterkunft genommen hatte und zeitgleich eintraf.  Nun war die Gruppe komplett, die warme Abendsonne zeigte sich auf der Terrasse und nach einem feinen Abendessen, einer ruhigen Nacht und einem reichhaltigen Frühstücksbuffet freuten sich alle auf den zweiten Tag. 

Dieser startete bester Dinge nach einem kurzen Bike-Check mit einer Fahrt über einen schönen Trail hinunter nach Rohrmoos und von dort über den Hörnlepass in Richtung Riezlern. So langsam setzten sich der blaue Himmel und die Sonne durch und wer bis jetzt nicht wusste, wie sich ein defekter Freilauf anfühlt, konnte es nun hautnah erleben, denn nun war es der Robert selbst, der plötzlich ins Leere trat. Ein kurzer Eingriff schien das Problem schnell zu beheben, was jedoch nicht von langer Dauer war. Glücklicherweise war Riezlern bereits in Sichtweite und ein Bike-Shop war schnell gefunden, wo der Geplagte selbst mit professionellem Werkzeug Hand anlegte und mit knarzendem aber funktionierendem Freilauf die Tour pannenfrei weiterfahren konnte. So ging es dann vorbei an Söllereck und Fellhornbahn ins Rappenalptal, wo sich ebene Passagen und echte Oberschenkelkiller bis zum Einstieg in den Schrofenpass abwechselten. Der Blick auf den Widderstein und die umliegenden Gipfel machte die Plackerei erträglich. Der Schrofenpass als Übergang ins Lechtal stellte dann eine Herausforderung anderer Art dar, denn dieser führt über ca. 200 hm und anderthalb Kilometer ausgesetzt und teilweise seilversichert an der Felswand empor, wo das Bike geschoben und geschultert werden musste und Trittsicherheit gefragt war. Oben angelangt, war die Pause mit herrlichem Ausblick verdient, bevor es auf den Trail Richtung Warth ging, der teilweise sehr technisch daherkam und die Konzentration nochmal forderte. Nach gut 1.600 hm und fast 50 km traf die Gruppe am Haus Wäldermetzge, dem Tagesziel der zweiten Etappe ein. Ein wunderbarer Abschluss nach dem Abendessen waren die gemeinsamen Dehnungsübungen während eines Spaziergangs mit Blick auf die felsigen Gipfel in der Abendsonne. 

Der letzte Tag führte dann zunächst entlang der Warther Liftanlagen hoch zum Salober Sattel und zur Auenfelder Alpe und durch das herrliche Gebiet um den Körbersee, wo sich der schönste Ort Österreichs befinden soll. Die Parameter sind zwar nicht bekannt, aber wunderschön ist es dort allemal. Ab Schröcken ging es dann auf der Straße lange und entspannt ins Tal bis nach Schoppernau, wo ein langer Anstieg von über 600 hm bevorstand. Die Hoffnung auf eine konstante und gut fahrbare Steigung wurde durch ständige Durchsagen einzelner Garmin-User und auf die Äußerung eines Wanderers hin ("Ihr wisst schon, was da noch auf euch zukommt!?") immer wieder gedämpft. Und tatsächlich, auf den letzten steilen Passagen vor dem Stoggersattel hat sogar eine E-Bike-Pilotin geschoben. Die folgende Abfahrt bei zwischenzeitlich hochsommerlichen Temperaturen durch das langgestreckte Tal über Schönenbach nach Sibratsgfäll war eine willkommene Erholung, genauso wie der schattige Terrassenplatz im Gasthof Hirschen, wo es noch eine Stärkung für die letzten Höhenmeter gab. Pünktlich zur Rückfahrt um halb fünf nach weiteren 1.500 hm und 65 km stand die Gruppe am kleinen Bahnhof von Langenwang (Oberstdorf), von wo es dann mit der Bahn zurück nach Tübingen ging. 

Ganz herzlichen Dank an Rita für die hervorragende Organisation, bei der von der Streckenauswahl, den Tourparametern Höhe und Entfernung, den Unterkünften und nicht zuletzt auch dem Wetter alles perfekt gepasst hat. Es bleiben Bilder und Erinnerungen an drei wundervolle Tage in einer sehr netten Gruppe mit respektvollem, freundlichem Umgang, die sich mit Lust an der Qual noch dem klassischen Bio-Biken verschrieben hat und sich immer wieder bewundernde Blicke einfing, oder wie es ein Wanderer an einer kurzen unwegsamen steilen Rampe ausgedrückt hat: "Ihr seid die ersten hier, die ich ohne Motor sehe, aber auch die ersten, die hier hochgefahren sind". Mehr geht nicht! 

Text: Hansi Rohrer