Tourenbericht Klettern
Mit ‚Umbrella-Tours‘ zum Alpinbaden im Lechtal
Alpinkletterkurs 5.-7. Juli 2019
Mit dabei waren unsere zwei Guides von ‚Umbrella-Tours‘ Martin und Birgit sowie als bademotivierte TeilnehmerInnen Peter, Franz, Sven, Jörg, Joana und Johannes. Geplantes Ausflugsziel war die Steinsee(!)hütte im Lechtal, die angeblich einen schönen fußläufigen Badesee bietet…
Erster Tag: Die Motivation dieses besonderen Zieles (der verlassene Steinsee) veranlasste die Gruppe, bereits am Freitag um 6 Uhr morgens aufzubrechen, um bei besten Mittagshitzebedingungen die Hütte und womöglich den See zu erreichen. Nach knapp vier Stunden Autofahrt begann der schweißtreibende Aufstieg, den man sich noch mit dem Gedanken an einen kühlen Bergsee schönreden konnte. Nach zweieinhalb Stunden war die Hütte erreicht. Doch Alpinbaden heißt nicht umsonst Alpinbaden, sonst könnte man ja auch in den Hirschauer Baggersee springen. Alpinbaden will sich den Badespaß mit Schweiß verdienen. Vermutlich würde nun, an der Hütte angekommen, die erste Theorieeinheit folgen: wie man einen Standplatz am Ufer baut, um nicht abgetrieben zu werden, wie man sich bei ungesichertem Gewässer verhält und was die alpine Badeausrüstung betrifft. Das stimmte zum Leidwesen meiner da schon müden Beine (Sportkletterer halt…) nicht, denn unsere Guides von ‚Umbrella-Tours‘ folgten dem Ansatz ‚learning by doing‘. Also hieß es nach einer (zu) kurzen Umpackpause weiter auf den Spiehlerturm, um nicht Gelerntes in die Praxis umzusetzen… Zum Glück waren die AspirantInnen, wie sich bereits bei der Vorbesprechung herausgestellt hatte, in Bezug auf alpine Unternehmungen nicht untalentiert und unerfahren (mit Ausnahme des Alpinbadens), weshalb sich das Konzept ‚Praxis vor Theorie‘ als sehr sinnvoll herausstellte und auch Anklang unter den TeilnehmerInnen fand. Selbst die Hallenfreaks (Sportkletterer halt…) wussten mit der abgedroschenen Phrase ‚Draußen ist anders‘ etwas anzufangen (Beintraining ergibt plötzlich Sinn). Naja, jedenfalls stellte sich beim einstündigen Zustieg zum Spiehlerturm heraus, dass auch der Name ‚Umbrella-Tours‘ seine Bewandtnis hatte. Während die glühende Sonne unsere kaninchenzarten und blassen Nacken malträtierte (Draußen ist anders…), hüpfte Martin mit seinem Schirm vornweg und Birgit, als hartgesottene Alpinistin, ertrug die Sonne stoisch, ihre Schäfchen zusammenhaltend. Dank Sven konnte mit 50er-Sonnencreme und Gummibärchen die Gruppenmoral trotz der widrigen Umstände hochgehalten werden. Nach erreichtem Gipfel und spätem Abstieg vereitelten die müden Beine und die Verspätung zum Abendessen den Abstecher zum Steinsee. Resümee: Der Sprung in die Praxis erwies sich unter Anleitung des erfahrenen und hilfsbereiten Teams von ‚Umbrella-Tours‘ als äußert lernintensiv (ähnlich dem Motto ‚fordern und fördern‘). Toller Tag, tolles Team, wollten wir nicht mal Baden gehen?
Zweiter Tag: Da am Folgetag keiner Kraft hatte, noch vor dem Frühstück den See (gab es ihn überhaupt?) zu entdecken, hieß es für die Alpinbadeaspiranten, eine eigene Tour durchzuführen, um anschließend in den See zu springen. Der kühle angenehme See… Moral und Motivation waren nach wie vor ungebrochen und wieder ging es in schweißtreibendem Aufstieg (oh wäre ich doch mal nicht nur in der Kletterhalle rumgehangen, sondern hätt‘ auch mal was für die Beinchen gemacht) zum Einstieg des Steinkarturmes. Ein tragischer Unfall einer anderen Seilschaft und die folgende Rettungsaktion brachte unsere Gruppe in Aufruhr. Nach entsprechender Besprechung und Zeit teilte sich unsere Gruppe. Nach umso vorsichtigerem Steigen und bei bevorstehendem Gewitter erreichte der kletternde Gruppenteil trocken und heil den Gipfel. Nach dem Abstieg, der ungewissen Wettersituation und mit der Motivation, diesmal pünktlich zum Abendessen zu sein, musste der See leider wieder ins Wasser fallen. Resümee: Sondersituation Unfall am Berg, eigenständiges Umsetzen einer Tour inklusive Essentials wie des Legens mobiler Sicherungen, verlängern dieser sowie Orientierung in der Route. Ein erfahrungs- und lehrreicher Tag.
Dritter Tag: Regen. Motivation und Moral zum Baden begrenzten sich am Vormittag aufgrund schlotternder TeilnehmerInnen, wenn überhaupt, auf warme Südsee-Träume. Naja, unsere Top-Tour-Guides hatten da ja noch die praktische Theorieeinheit in der Tasche. Bei wechselhaftem Wetter wurde fleißig Standplatzbau, das Legen mobiler Sicherungen geübt und Bandschlingen (Seil auf Seil gibt Unheil) zersägt. Oh Gott, schon Mittag, schon Abreise - und der SEE?? Die zwei Verwegensten unter uns verzichteten auf eine ruhige Minute auf der Hüttenterrasse vor dem Abstieg und nutzen die kurze Regenpause. Und ja, tatsächlich kehrten sie mit kaum bemerkbarem, erfülltem Stolz zurück: Einer war tatsächlich (wenn auch nur ganz kurz): Alpinbaden. Resümee: Reduktion auf das Wichtigste. (Halb-)Mastwurf, Sackstich, Achter und gesunder Menschenverstand sind die Grundlage einer erfolgreichen Alpinkletterei. Danke an ‚Umbrella-Tours‘. Ich freue mich auf nächstes Jahr: Alpinbaden!
Johannes Frieser