Tourenbericht Winterbergsport
Schneehuhnbalz an der Kräulscharte
Fast pünktlich starteten wir um 12 Uhr in Seduck zum Aufstieg bei strahlendem Sonnenschein auf die Franz-Senn-Hütte (2.147 m). Fast alle der Gruppe nutzten den Gepäcktransport zur Hütte, so dass wir uns mit leichtem Gepäck auf den Weg machten. Zuerst gemütlich auf einer breiten Piste bis zur Oberissalm und dann stetig ansteigend auf einem schmalen Wanderweg – jetzt Skiaufstiegsweg. Wir genossen das herrliche Bergpanorama und erfreuten uns auch an einer Gemse, die unseren Weg kreuzte und uns neugierig mit etwas Abstand beobachtete. Nach einem fast dreistündigen Aufstieg erreichten wir die Hütte. Schnell wurde die Skiausrüstung verstaut, die zwei Zimmerlager bezogen und wir trafen uns zu Kaffee und Strudel im Wirtsraum. Nach dieser kurzen Stärkung bekamen die Skihochtouren-Neulinge und alle erfahrenen Hasen vor dem Abendessen noch einen Crashkurs von unseren Guides Birgit Stefanek, Martin Stefanek, Olli Prochatzka-Speidel und auch dem Helfer Johannes Metzger. Für mich war dies perfekt, denn ich lernte, wie man eine Prusikschlinge legt und sich dann am Fixseil selbst sichert, wie man ein Sicherungsset mit einer Bandschlinge fertigt, wie ein Geländerseil eingesetzt wird und vieles mehr. Nach dieser Einheit konnte ich entspannt das hervorragende Abendessen genießen.
Bevor wir alle müde in unsere Betten krochen, gab es noch eine Tour- und Wetterbesprechung für den nächsten Tag. Die Wettervorhersage sah schlecht aus und unsere geplante Tour von der Franz-Senn-Hütte durch das Alpeiner Tal über den Verborgenen-Berg-Ferner durch die Turmscharte auf den Vorderen wilden Turm (3.177 m), von dort weiter auf das wilde Hinterbergl (3.288 m) und die Abfahrt über den Berglasferner musste wahrscheinlich etwas abgeändert werden.
Als wir am Karfreitag um 7:30 Uhr abmarschbereit vor der Hütte standen, war klar, dass die Tour einen anderen Verlauf nehmen würde. Das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Die Sicht war schlecht und es schneite leicht. Trotzdem machten wir uns auf den Weg durch das Alpeiner Tal zum Verborgenen-Berg-Ferner.
Bevor wir den Gletscher betraten, zogen alle die Klettergurte an und mit Entlastungsabständen stiegen wir bis zur Scharte auf. Inzwischen wurde es zwar immer wieder einmal heller, aber dann verschlechterte sich die Sicht wieder. Es wurde beschlossen, dass wir unser Ziel - den Vorderen wilden Turm - auf jeden Fall erreichen wollten. Als wir am Fuß der Scharte ankamen, wurde der Wind wieder stärker. Wir verstauten die Ski am Rucksack, legten die Steigeisen an und bewaffneten uns mit dem Eispickel. Umsichtig legten Birgit und Martin ein Fixseil in die Scharte und wir kletterten gesichert nach oben. Puh, die erste Herausforderung war geschafft. Oben angekommen gingen wir mit Skiern am Seil bis zum Klettereinstieg des Vorderen wilden Turms.
Denn der Gipfel musste kletternd erklommen werden. Johannes und Birgit legten ein Geländerseil, ein Skidepot wurde eingerichtet und mit unserer Klettersteigsicherung kletterten wir auf den Gipfel. Dort pfiff uns der Wind gewaltig um die Ohren. Die Sicht war schlecht und wir seilten uns schnell zum Skidepot ab oder wurden dorthin abgelassen. Nun wurde entschieden, dass die Tour über den Berglasferner wegen der schlechten Sicht und den nicht sichtbaren Spalten zu gefährlich war. Also wurde unser Aufstiegsweg auch als Abstieg in Angriff genommen. Das hieß, noch einmal über die Scharte abseilen. Mir war ganz schön mulmig, und als ich unten war, konnte ich endlich kräftig durchatmen.
Die Skier waren schnell angeschnallt und eine herrliche Abfahrt ins Alpeiner Tal wurde in Angriff genommen. Nach acht Stunden kamen wir alle glücklich, müde und zufrieden auf der Hütte an.
Kaffee, Dusche, Relaxen und vor allem ein üppiges Abendessen beendeten den Tag. Natürlich nicht zu vergessen, wurden Wetterinformationen für den nächsten Tag eingeholt und die anstehende Tour besprochen.
In der Nacht stürmte und schneite es um die Hütte und am Morgen um 7:30 Uhr versammelten wir uns nach einem üppigen Frühstück wieder abmarschbereit vor der Hütte. Was macht das Wetter, war die große Frage? Wir starteten nun auf Grund der Wetterlage über den Sommerwandferner zur Kräulscharte (3.069 m). Die Sicht war schlecht, aber die Sonne kämpfte sich im Laufe des Vormittags durch die Wolken und ab 10 Uhr erfreuten wir uns an einem blauen Himmel und einer strahlenden Sonne. Die „Wumms“ um uns herum erklärten wir uns mit Lawinensprengungen in den umliegenden Skigebieten.
Plötzlich flog vor uns ein balzendes Schneehuhn auf und stolzierte vor dem Weibchen herum. Dies war ein unerwartetes Schauspiel. Stetig zogen wir bergauf unsere Spuren in den Schnee und erfreuten uns an einer grandiosen Aussicht auf die umliegende Bergwelt stets mit unserem Ziel vor Augen. Olli und Wolfgang kamen als erste in der Kräulscharte an. Sie versanken hüfttief im Schnee. Daher beschloss der Rest der Gruppe, schon kurz vor der Kräulscharte abzufahren, da oben zu wenig Platz für alle war. Wir wurden mit Pulverschnee und unverspurtem Gelände auf unserer Abfahrt belohnt.
Der erste Teil des Tages war bewältigt und nun hieß es noch einmal auffellen und über das „Stiergschwez“ zu einer Scharte am Gschwezgrat aufzusteigen. Wir machten uns in Dreiergruppen auf den Weg. Hier wurde noch einmal ein Sicherungsseil gelegt und wir konnten bequem zur Scharte mit den Skiern auf dem Rücken kraxeln. Der Blick von der Scharte hinunter zur Oberissalm ließ unsere Herzen höher schlagen, denn es erwarteten uns unberührte Hänge. Ein „Gipfelfoto“, eine kleine Stärkung, die Ski angeschnallt, wir wedelten hinab ins „Kuhgschwez“ und dann weiter ins Tal bis Seduck. Das letzte Stück war ein schweißtreibendes Schiebestück.
Schnell umgezogen, das Gepäck verstaut, ins Auto/DAV-Bus gesprungen und zur Nachmittagsjause nach Neustift. Dort stärkten sich dann je nach Gusto Birgit, Martin, Olli, Johannes, Leonie, Jack, Stefan, Wolfgang und ich. Anschließend traten wir nach drei erlebnisreichen, herausfordernden und traumhaften Tagen die Heimreise an. Den Guides nochmals vielen Dank für die umsichtige und einfühlsame Planung und Durchführung der Touren. Und nicht zu vergessen ein Dank an die gesamte Gruppe – ihr wart klasse.
Susanne Mammel
Ein besonderer Dank der Tourenleiter Martin und Birgit Stefanek geht an die Biwakschachtel Tübingen. Andi Hahn ist ein kompetenter Ansprechpartner, der uns stets mit Rat und Tat zu Seite steht.
Bei unserer Hochtour rund um die Franz-Senn-Hütte ermöglichte er es uns, eine Probeauslösung eines ABS-Rucksacks (Lawinenairbag) durchzuführen. Eine beeindruckende Aktion für alle Teilnehmer und Tourenleiter. Danke!
Tourensteckbrief:
Gebiet |
Hochstubai |
Talort |
Neustift im Stubaital |
Anreise |
ÖV: mit Zug nach Innsbruck, weiter mit dem Bus nach Neustift und mit dem Taxi nach Seduck Auto: über Neustift im Stubaitalnach Seduck (eingeschränkte Parkmöglichkeiten) Gepäcktransport ist ab Seduck (Parkplatz) nach tel. Vereinbarung möglich. |
Gipfelmöglichkeiten |
z.B: Vorderer Wilder Turm (3.177m), Innere Sommerwand (3.122m), Ruderhofspitze (3.473m), Schafgrübler (2.921m), Horntaler Spitze (2.921m) |
Hütte |
Franz-Senn-Hütte (2.147m) https://www.franzsennhuette.at Tel.: + 43 52262218 |
Karten/ Führer |
Alpenvereinskarte 1:25000 Stubaier Alpen, Hochstubai, Skirouten Alpenvereinskarte 1:25000 Stubaier Alpen, Sellrain, Skitouten |